Das Riff wird sichtbar, sobald die Taucher ihre starken Scheinwerfer auf den Meeresgrund richten. Weißliche Seeanemonen blitzen auf; gelbe Seenelken wiegen sich in der Strömung; ebenso die Tote Mannshand, eine Lederkoralle, die an die Hand eines ertrunkenen Seefahrers erinnert. Sogar Hummer und Taschenkrebse tummeln sich zwischen den Felsbrocken in der Tiefe.

„Am Grund der Nordsee ist es normalerweise ziemlich eintönig“, erzählt der Biologe Philipp Schubert, „da kommt es schon sehr unerwartet, wenn auf einmal so ein vielfältiger Lebensraum vor einem auftaucht.“

Mitte Juni begaben sich Schubert und seine Mitstreiter von der Kieler Forschungstauchgruppe Submaris hinab zu dem marinen Zaubergarten vor der Nordseeinsel Borkum. Das erst 2018 entdeckte ökologische Kleinod ist eine Rarität. Wie Oasen der Vielfalt liegen Felsriffe wie dieses in der flachen Schlickwüste der Nordsee. Ökologisch sind sie für das Seegebiet und seine Bewohner extrem wichtig. Doch ihre Existenz ist bedroht.

„Die Mosaike aus Felsen, Kies und Grobsanden am Meeresboden sind Jagd-, Laich- und Rückzugsgebiet für viele Fischarten, aber auch für Schweinswale, Kegelrobben und Seehunde“, so der Meeresschutzexperte Kim Detloff vom Naturschutzbund Deutschland. „Wenn Fischer mit ihren Netzen über den Grund schürfen, dann zerstören sie dabei die Weichkorallen, Seeanemonen und andere auf festem Grund siedelnde Tiere wie Schwämme und Röhrenwürmer.“

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