In der Debatte über eine neue CDU-Spitze erneuert Bewerber Röttgen seine Kritik an einem Verfahren im „Hinterzimmer“. Doch andere CDU-Politiker lehnen eine Mitgliederbefragung ab – und nennen die SPD als abschreckendes Beispiel.

Nach der überraschenden Bewerbung Norbert Röttgens für den CDU-Parteivorsitz streiten die Christdemokraten über das geeignete Verfahren zur Besetzung des Postens. Während Röttgen die Beteiligung der Parteibasis an dem Prozess fordert, lehnte Wirtschaftsminister Peter Altmaier das ab. „Ich bin von einem Mitgliederentscheid nicht überzeugt“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Die SPD habe damit schlechte Erfahrungen gemacht.

Dagegen erneuerte Röttgen nach einem Treffen mit Noch-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer seine Kritik an einer Kandidatenauswahl „im Hinterzimmer“. Schon bei der Verkündung seiner Bewerbung hatte er eine Mitgliederbefragung ins Gespräch gebracht. Er sei optimistisch, dass sich in der CDU die Meinung immer mehr durchsetze, dass es „keine Lösung hinter verschlossenen Türen sein kann“, sagte er nun. „Ich glaube, dieser Wunsch in der Partei wird immer stärker und hörbarer werden.“ Entscheiden müsse aber die Parteiführung.

„Keiner kommt über 28 Prozent“

Röttgen plädierte dafür, eine Entscheidung noch vor der Sommerpause zu treffen. Im übrigen sei er der Einzige bislang, „der sich erklärt hat und nicht taktisch auslotet“. Als Aspiranten für den Parteivorsitz gelten auch die drei nordrhein-westfälischen Politiker Armin Laschet, Jens Spahn und Friedrich Merz. Alle drei haben sich dazu aber bisher noch nicht öffentlich erklärt.

Er erwarte, dass sich auch seine mutmaßlichen Konkurrenten bald entschieden, ob sie denn nun wirklich kandidieren wollten, sagte Röttgen. Zugleich sprach er dem Trio die Fähigkeit ab, die CDU zu einen. Umfragen zeigten „nur relative Unterschiede zwischen den Dreien. Keiner kommt über 28 Prozent“, sagte er der „Zeit“.

„SPD hat sich über Monate zerfleischt“

Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul griff Röttgen wegen dessen Forderungen direkt an. Er könne die Debatte nicht mehr ertragen, sagte Reul im Deutschlandfunk. „Hinterzimmer, nicht Hinterzimmer. Wissen Sie, die SPD hat alles im Vorderzimmer gemacht und hat sich über Monate zerfleischt.“ In so einer Lage sei „garantiert eine Mitgliederbefragung nicht richtig.“ Reul plädierte auch dafür, dass die CDU sich bei der Personalauswahl Zeit lassen solle.

Kramp-Karrenbauer hatte sich am Dienstag mit Merz zu einem Gespräch über die anstehenden Personalentscheidungen getroffen. Heute soll es noch Beratungen zunächst mit Spahn und am Nachmittag mit Laschet geben. Nach den Gesprächen mit Bewerbern wolle sie den CDU-Gremien am kommenden Montag keinen Vorschlag für einen Namen, sondern das weitere Verfahren machen, hieß es in der CDU.

Insgesamt gibt es sechs potenzielle Bewerber für den CDU-Vorsitz. Kandidaten werden sie vor einem Parteitag aber erst, wenn sie von antragsberechtigten Parteigremien oder -vereinigungen nominiert werden.

Über dieses Thema berichtete die tagesschau auf tagesschau 24 am 19. Februar 2020 um 15:00 Uhr.

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