Nach dem Rauswurf des Brandenburger AfD-Chefs Kalbitz steht die Partei vor einem offenen Machtkampf. Thüringens AfD-Chef Höcke kündigte an, er werde gegen die „Spaltung“ der Partei kämpfen.

Nach dem Rauswurf des Brandenburger Landeschefs Andreas Kalbitz aus der AfD bahnt sich ein massiver Konflikt zwischen dem rechtsnationalen Parteiflügel und den Unterstützern des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen an. „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen – und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte der Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke bei Facebook in einem Video.

Wie genau Höcke, der neben Kalbitz als der wichtigste Vertreter des rechtsnationalen Flügels gilt, gegen die Entscheidung des Bundesvorstands vorgehen will, ist noch unklar. Wer sich in einem parteiinternen Konflikt auf Argumente von „Parteigegnern“ berufe, der begehe „Verrat an der Partei“, sagte er. Parteichef Meuthen und der stellvertretenden Parteivorsitzenden Beatrix von Storch warf er vor, sie wollten die AfD so verändern, dass sie keine echte Alternative zu den etablierten Parteien mehr wäre.

Protest kam auch aus der Bundestagsfraktion der AfD. Der Abgeordnete Jürgen Pohl veröffentlichte unter der Überschrift „Wir sind Spalter!“ eine Fotomontage mit den Köpfen der acht Mitglieder des Bundesvorstandes, die am Freitag für oder nicht gegen die Annullierung der Mitgliedschaft von Kalbitz gestimmt hatten. Sein Fraktionskollege Frank Pasemann schrieb auf Facebook: „Meuthen & Co. unterlaufen rechtsstaatliche Prinzipien, um einen verdienten Parteifreund auszuschließen.“

Vorstand gespalten

Der Bundesvorstand der AfD hatte die Mitgliedschaft von Kalbitz am Freitag per Mehrheitsbeschluss für nichtig erklärt. Hintergrund sind frühere Kontakte im rechtsextremen Milieu, die er verschwiegen haben soll, als er 2013 der AfD beitrat. Die Entscheidung wurde von Beobachtern allgemein als Erfolg von Meuthen gewertet, der sich gegen die beiden Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland sowie gegen seinen Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla durchsetzte.

Meuthen sagte in mehreren Interviews, er habe viel Zuspruch aus der Partei erfahren. Er räumte aber auch ein, dass einige Mitglieder mit „wütender Ablehnung“ reagiert hätten. Den Streit halte die Partei aber aus und werde sich nicht spalten.

Zugleich zog er die Zukunft von Kalbitz als Fraktionschef im Landtag von Brandenburg in Zweifel. Er könne sich nur „schwer vorstellen, einen Parteilosen als Fraktionsvorsitzenden zu haben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Letztlich müsse das aber die Fraktion in Brandenburg entscheiden. Gauland dagegen erklärte, er könne sich „gut vorstellen“, dass Kalbitz den Fraktionsvorsitz während der juristischen Klärung ruhen lasse. Kalbitz hatte unmittelbar nach seinem Rauswurf angekündigt, rechtliche Schritte gegen den Beschluss zu ergreifen.

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Entscheidendes Formular verschwunden?

Beeinflusst werden könnte der juristische Kampf durch ein Kuriosum: Nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) ist das Formular, das den Rauswurf begründen soll, verschollen. Bei seinem Aufnahmeantrag im Jahr 2013 soll er auf seinem Antrag frühere Mitgliedschaften bei den Republikanern und der rechtsextremen „Heimattreuen deutschen Jugend“ verheimlicht haben.

Die Zeitung beruft sich dabei auf Gauland und schreibt weiter, damit stehe der Ausschluss auf der Kippe. Gauland selbst sagte dem Blatt, er halte „diese Geschichte für juristisch völlig verfehlt“.

Meuthen sagte der „FAS“, es gebe mindestens zwei Zeugen, die sich genau an die Prüfung des Inhalts des Aufnahmeformulars erinnern könnten. Daher gehe er „natürlich“ davon aus, dass der Rauswurf Bestand habe. Sonst hätte der Vorstand „das sicher nicht gemacht“.

Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 15. Mai 2020 um 22:00 Uhr und Deutschlandfunk am 16. Mai 2020 um 19:00 Uhr.

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