US-Bann Huaweis letztes Aufbäumen? Während die Gewinne steigen, geht der Streit in die nächste Runde

US-Bann: Das neue Huawei Mate 40 hätte ohne Trumps Bann sicher bessere Chancen im Westen

Das neue Huawei Mate 40 hätte ohne Trumps Bann sicher bessere Chancen im Westen

© Long Wei/ / Picture Alliance

Ein neues Spitzenmodell, steigende Umsätze und dicke Gewinne: In der Momentaufnahme geht es Huawei hervorragend. Doch der Streit mit der Trump-Regierung lässt den chinesische Riesen weiter kräftig straucheln. Und die wirklich schweren Zeiten stehen erst an. 

Es ist eine skurrile Situation: Bei nahezu jeder anderen Firma würde man die gerade von Huawei vorgestellten Geschäftszahlen als hervorragend bewerten, mit dem Mate 40 hat der Konzern zudem ein beeindruckendes neues Spitzen-Smartphone vorgestellt. Doch Huawei und die Marktbeobachter bangen um das Überleben des Milliarden-Konzerns. Schuld ist die weiter anhaltende Kampagne der US-Regierung gegen den Konzern. Und Besserung ist nicht in Sicht.

Wachstum mit Haken

Als Momentaufnahme sind die gerade vorgestellten Geschäftszahlen eigentlich ziemlich beeindruckend. 671,3 Milliarden Yuan hat Huawei in den ersten neun Monaten des Jahres eingenommen, das entspricht knapp 85 Milliarden Euro. Damit legte Huawei im Vergleich zum selben Zeitraum des letzten Jahres um 9,9 Prozent zu. Auch der Gewinn kann sich sehen lassen: Etwa 8 Prozent bleiben am Ende als Plus in den Taschen des Konzerns zurück. Das würde die Aktionäre der meisten Firmen ziemlich glücklich machen.

Doch vergleicht man die Zahlen mit denen des letzten Jahres, ernüchtert sich die Lage ziemlich schnell. In den ersten neun Monaten war Huawei 2019 noch satte 24,4 Prozent gewachsen, der Gewinn lag mit 8,7 Prozent ebenfalls etwas drüber. Auch im Vergleich zu den Vorquartalen des laufenden Jahres geht der Trend nach unten: Anfang des Jahres lag das Wachstum noch bei 13 Prozent – obwohl der Heimatmarkt durch die Corona-Krise ausgebremst war. Seitdem ist das Geschäft noch weiter eingebrochen. Schuld ist – immer noch – der Handelkonflikt mit der Trump-Regierung.

Hart ausgebremst

Darunter leider auch das neue Spitzenmodell. Das Huawei Mate 40 Pro hätte eigentlich alles Zeug, den Android-Thron zu erobern. Mit dem selbstentwickelten Kirin 9000 hat Huawei neben Apple als einziger Hersteller einen Chip im 5nm-Verfahren im Portfolio, verspricht dadurch enorm hohe Rechenleistung bei geringem Stromverbrauch. Und anders als Apple konnte Huaweis sogar den 5G direkt im Chip unterbringen. Die Kamera mit Teleobjektiv, das schicke Design und eine extrem schnelle Akkuladung runden das starke Bild ab. Doch der Streit mit den USA bremst das Gerät gleich zweifach aus: Zum einen kommt es wieder ohne Google-Dienste auf den Markt. Noch schwerer wiegt aber der zweite Grund: Huawei darf keine Chips mehr nachordern. Und wird so selbst ausgebremst, wenn das Mate ein Überraschungshit werden sollte.

Dass es überhaupt auf den Markt kommen kann, hat Huawei mit enormen Hamsterkäufen gesichert. Seit September darf der Konzern durch den Bann von keinem Zulieferer mehr bedient werden, dessen Produkte auf US-Erfindungen setzen. Das ist bei allen aktuell relevanten Herstellern von Highend-Chips der Fall. Vor Ende der Deadline hatte Huawei deshalb eingekauft, was zu bekommen war. Auf dem Markt wurde das durchaus wahrgenommen. Bei Prozessor-Hersteller TSMC soll Huawei so viele Chips für 5G-Sendemasten eingekauft haben, dass sich die Manager zwischendurch fragten, ob sie den weltweiten Bedarf unterschätzt hatten. Das geht aus einem aktuellen Bericht von „Bloomberg“ hervor.

Die Hamsterkäufe sind Huaweis große Hoffnung, durch die nächsten Monate zu kommen. „Es geht ums Überleben“, machte der Konzern im September klar. Tatsächlich trifft das Verbot des Chip-Verkaufs den Konzern erheblich stärker als andere Maßnahmen.

Bringt die US-Wahl die Wende?

Die erste Schikane von US-Präsident Donald Trump, das Verbot von Google-Diensten auf Huaweis Smartphones, hatte den Konzern vor allem beim Auslandsgeschäft ausgebremst. Während man den europäischen Kunden die eigenen Alternativ-Angebote wie die App Gallery erst schmackhaft machen musste, konnte das Geschäft in der Heimat ungebremst weitergehen. Dort mussten die Kunden von Anfang auf Googles Dienste verzichten, zogen ohnehin einheimische Angebote vor. Die Chips sind aber in allen Produkten weltweit die gleichen. Der Zulieferer-Bann hat also auch eine Wirkung auf den Heimatmarkt. Den konnte Huawei zumindest in Bezug auf die 5G-Technologie erst einmal sichern. Mit dem Einkauf der TSMC-Chips habe der Konzern dafür gesorgt, dass er wichtige Verträge zum Ausbau der Handynetze der chinesischen Provider im nächsten Jahr auch erfüllen kann, schreibt „Bloomberg“. 

Die Hoffnung Huaweis dürfte nun der eventuell anstehende Regierungswechsel in den USA sein. Sollte Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden die Wahl gewinnen, könnte sich mit seinem Amtsantritt im Januar auch die Lage für Huawei ändern. Ob das aber tatsächlich geschieht, wird sich zeigen müssen. Im Wahlkampf versuchte Trump immer wieder, Biden als China-nah zu zeichnen. Würde der frischgebackene Präsident zu schnell nach seinem Amtsantritt die Sanktionen gegen ein Unternehmen lockern, vor dem auch die Geheimdienste warnen, könnte er seinen politischen Gegnern damit mehr Angriffsfläche bieten, als ihm lieb ist.

Selbst wenn die Regeln für den Chip-Verkauf gelockert würden, könnte zumindest das Netzwerk-Geschäft noch länger unter der Krise leiden. Das Vertrauen der westlichen Staaten in den chinesischen Konzern wurde durch die Warnungen des Verbündeten USA erheblich beschädigt. Während beim LTE-Ausbau noch selbstverständlich auf Huawei-Technik gesetzt wurde, ist das beim Aufbau des 5G-Netzes hochumstritten. Schweden kündigte etwa diese Woche an, Huawei und den von der Trump-Regierung  oft im selben Zug genannten Hersteller ZTE komplett aus seinen Netzen zu verbannen. „China ist die größte Bedrohung für Schweden“, erklärte Klas Friberg, Chef der schwedischen Sicherheitsbehörde, gegenüber der „Financial Times“. Andere Staaten stellen ähnliche Überlegungen an. Der Schaden für den Konzern ist längst nicht mehr auf die USA beschränkt.

Quellen:Huawei, Bloomberg, Financial Times

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