Koalitionsprojekte Investieren mit Schuldenbremse und ohne Steuererhöhung: Die Ampel auf der Suche nach Geldquellen

Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Christian Lindner geben ein Statement während einer Pressekonferenz ab.

Für die Ampel-Koalition gibt es schon Pläne, doch stellt sich die Frage: Investieren ohne Mehreinnahmen – wie kann das funktionieren?

© Kay Nietfeld / DPA

Schuldenbremse und Verzicht auf Steuererhöhungen begrenzen das Budget für die ambitionierten Ampel-Vorhaben. Wie SPD, Grüne und FDP ihre Pläne finanzieren wollen, steht auch im Sondierungspapier nicht klar geschrieben.

In ihrem Sondierungspapier bekennen sich die Ampel-Parteien zur Schuldenbremse: Zukunftsinvestitionen sollen „im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse“ ermöglicht werden, besonders für Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung. Zugleich sollen Einkommens-, Unternehmens- und Mehrwertsteuer nicht erhöht werden, auch neue Substanzsteuern wie eine Vermögensteuer sind nicht geplant. Für die Finanzierung der milliardenschweren Ampel-Vorhaben ist somit ein enger Rahmen gesteckt.

Vorgaben der Schuldenbremse

„Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen“, heißt es in Artikel 109 des Grundgesetzes. Artikel 115 besagt, dass sich der Bund im Normalfall maximal in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden darf. Außerdem sind „bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung“ Abweichungen in begrenztem Umfang erlaubt.

Hintergrund für die Schuldenbremse war unter anderem der hohe Stand der Staatsverschuldung nach der Finanzkrise 2008/2009. Die Grundgesetzänderung trat 2011 in Kraft. Anschließend galten noch Übergangsregelungen – für den Bund bis einschließlich 2015 und für die Länder bis einschließlich 2019.

Ausnahmen aufgrund der Corona-Pandemie

„Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen“, kann der Bund die vorgegebenen Kreditgrenzen überschreiten. Wegen der Corona-Pandemie und ihrer weitreichenden wirtschaftlichen Folgen wurde die Ausnahmeregelung bereits für die Jahre 2020 und 2021 in Anspruch genommen. 

Der vom Bundeskabinett im Juni verabschiedete Entwurf für den Bundeshaushalt 2022 sieht eine Neuverschuldung von nochmals fast 100 Milliarden Euro vor. Ab 2023 soll gemäß der bisherigen Finanzplanung die Schuldenbremse wieder regulär gelten. Der Etatentwurf aus dem Haus von Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz dürfte allerdings nicht exakt in der vorliegenden Form in Kraft treten – eine neue Bundesregierung setzt in der Regel auch beim Haushalt eigene Akzente.

Erhoffte Einnahmequellen der Ampel-Parteien

Im Sondierungspapier steht wenig Konkretes für die Gegenfinanzierung der Investitionsausgaben. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Steuervermeidung soll intensiviert, der Haushalt auf überflüssige sowie klimaschädliche Subventionen überprüft werden. Scholz setzt außerdem auf Einnahmen aus der geplanten globalen Mindestbesteuerung von Konzernen.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hält eine teilweise Finanzierung mit Krediten für gerechtfertigt, wofür die Schuldenbremse Spielräume enthalte. Ähnlich sieht das Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Walter-Borjans verweist zudem auf die Möglichkeiten staatlicher Institutionen wie die Förderbanken von Bund und Ländern. 

Die Grünen können sich laut Fraktionschef Anton Hofreiter ebenfalls vorstellen, „dass die öffentliche Hand investiert“ – etwa die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die Deutsche Bahn oder die Autobahn GmbH. Scholz sagte kürzlich mit Blick auf die bereits bestehenden öffentlichen Einrichtungen, diese müssten „in den Rahmen der Handlungsmöglichkeiten mit einbezogen werden“. Die SPD-Linke forderte die Ampel-Parteien auf, eine öffentliche Investitionsgesellschaft neu einzurichten, um „schuldenbremsenkonform“ investieren zu können.

Warnungen vor „Schattenhaushalten“

Aus der Union, aber auch von Bundesrechnungshof-Präsident Kay Scheller kamen bereits Warnungen, die Ampel-Parteien dürften die Schuldenbremse nicht umgehen. Die Lösungen lägen nicht „in intransparenten Schattenhaushalten wie Fonds, Zweckgesellschaften oder anderen Konstruktionen, sondern in einem starken und klaren Konsolidierungskurs“, sagte Scheller am Wochenende. Der CDU-Wirtschaftsrat warnte: Eine Umgehung der Schuldenbremse durch „öffentliche Investitionsvehikel“ wäre ein „klassischer Schattenhaushalt“, gegen den die Opposition klagen würde.

cl DPA

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