Szene des Spiels: Es gab so viele, es bleiben vor allem zwei: Vor dem 2:0 kombinierten sich die Gladbacher durch die Abwehr von Bayern München, dass sich die Ersten unter Tränen der Rührung an das selige »Borussia Barcelona« unter Lucien Favre erinnerten. Die Borussen Kouadio Koné, Jonas Hofmann, Lars Stindl und Ramy Bensebaini zerlegten die Bayern-Defensive innerhalb von Sekunden in ihre Einzelteile. So sind die Münchner lange nicht auseinandergenommen worden.

Und die zweite Szene war die vor dem 4:0. Breel Embolo geht eigentlich chancenlos in einen Luftkampf gegen Bayern-Verteidiger Dayot Upamecano, er steht da allein auf weiter Flur gegen die Bayern-Abwehr. Am Ende ist der Ball im Tor. Ein Abbild kompletter Hilflosigkeit der Bayern-Abwehr.

Ergebnis des Spiels: 5:0: Wie bitte? Also noch mal: Fünf zu null für Borussia Mönchengladbach gegen Bayern München. Tore durch Kouadio Koné (2.), Ramy Bensebaini (12./19.), Breel Embolo (52./57.). Obwohl: So besonders ist das ja gar nicht. Das gab es am 14. Mai 1974 in der Bundesliga auch schon mal (Tore durch Heynckes, Simonsen, Bonhof, Heynckes, Köstner). Zum Spielbericht von 2021 geht es hier entlang.

Die erste Halbzeit: Die Borussia spielte sich von der ersten Minute in einen Rausch. Koné nutzte schon nach zwei Minuten, dass Upamecano und sein Abwehrkollege Lucas Hernández an diesem Abend vollständig neben sich standen. Das 2:0 wurde schon geschildert, beim 3:0 erhielt die Borussia einen Elfmeter, den es mit Videobeweis (der erst ab der nächsten Runde eingesetzt wird) vielleicht nicht gegeben hätte, als Hernández zumindest unglücklich gegen Embolo einstieg. Und diesmal nagelte kein Gladbacher den fälligen Strafstoß in die Wolken wie einst Lothar Matthäus und Dante in früheren Pokalmatches gegen die Bayern. An diesem Abend passte alles. Kein anderes Team seit Monaten hat gegen die Bayern dermaßen effektiv gepresst.

Die zweite Halbzeit: Es ging genauso weiter. Embolo setzte sich beim 4:0 mit all seiner brachialen Körperkraft zum 4:0 durch, und weil ja sowieso alles geht an diesem Abend, legte er fünf Minuten später zum 5:0 nach. Die Bayern waren zu diesem Zeitpunkt bereits atomisiert, die paar Torgegebenheiten, die sie dann noch haben, werden von Gladbachs Tormann Yann Sommer zunichtegemacht. Die Borussen zeigten sich gnädig und beließen es bei den fünf Treffern.

Spruch des Spiels: Die Zuschauer skandierten gegen Ende »Bye Bye Bayern« und bewiesen damit ein historisches Gedächtnis. Der Spruch stammt von dem einstigen Frankfurter Trainer Klaus Toppmöller, dem Vater von Dino Toppmöller, der am Abend als Bayern-Assistent den Corona-kranken Chefcoach Julian Nagelsmann an der Seitenlinie zu vertreten hatte. Nagelsmann saß derweil daheim in seiner Küche und musste aus der Ferne diese historische Pleite in Nordrhein-Westfalen, dem Land der Küchenbauer, ertragen.

Nebengeräusche des Spiels: Sportlich war bei den Bayern bisher alles Honeymoon, dennoch reisten sie mit unangenehmen Themen im Gepäck an. Die Erkrankung von Nagelsmann, Lucas Hernández erhielt zwar am Vormittag die Nachricht, dass er in der Causa um seine ehemalige Lebensgefährtin keine Haftstrafe antreten musste – aber er wirkte auf dem Feld alles andere als, nun ja, befreit. Und auch an Joshua Kimmich schienen die Debatten über seinen Impfstatus nicht spurlos vorbeigegangen zu sein. Nicht nur er machte einen gehemmten Eindruck, die ganze Mannschaft wirkte davon angesteckt. Auch die Spieler des FC Bayern sind gegen eine solche Aufregung ganz offensichtlich nicht immun.

Historie des Spiels: Kennen Sie noch Laurențiu Reghecampf? Wenn nicht: Das ist der Mann, der dafür sorgte, dass Alemannia Aachen im Pokal 2006 zur Halbzeit 3:0 gegen den FC Bayern geführt hat. Das war das einzige Mal vor Mittwoch, dass der ruhmreiche FCB zur Pause mit 0:3 in einem Pokalspiel zurücklag. In der damaligen Mannschaft stand übrigens auch der heutige Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidžić.

Statistik des Spiels: Seit 2011 hat Mönchengladbach jetzt neunmal gegen den FC Bayern ein Pflichtspiel gewonnen. Das hat sonst nur Borussia Dortmund geschafft.

Spieler des Spiels: Breel Embolo hat den Ruf eines Stimmungsspielers. Wenn es bei dem Gladbacher Stürmer schon zu Spielbeginn nicht läuft, geht wenig, manchmal gar nichts. Aber wenn er in Laune ist, dann kommt so ein Spiel wie am Mittwochabend heraus. Seine Körperlichkeit überforderte die Bayern-Verteidiger. Sie prallten förmlich an ihm ab.

Zitat des Spiels: »Die Bayern gerade ganz nah dran am 1:5.« Den Satz von ARD-Reporter Tom Bartels nach einer Torchance von Serge Gnabry können sie sich in Gladbach einrahmen. Oder Julian Nagelsmann hängt ihn als Menetekel in die Bayern-Kabine.

Trost des Spiels I: Es steht mit 1860 ja noch ein anderer Münchner Verein in der 3. Runde.

Trost des Spiels II: Die Bayern sind doch verwundbar. Das ist irgendwie auch für sie selbst doch eine gute Erkenntnis. Für alle anderen sowieso.

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