Vögel und Dinosaurier sind eng verwandt – so viel wissen Forscher schon lange. Das gilt besonders für eine Gruppe von gefiederten Raubsauriern, den Dromaeosauriern. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Paläontologen in der Vergangenheit immer wieder Dino-Nester und Dino-Eier entdeckt haben. Doch nun sorgt ein Fund für Aufsehen, der außergewöhnlich gut erhalten ist. Im Inneren des Eis befindet sich ein Embryo, der offenbar kurz davor war zu schlüpfen, berichtet ein Forscherteam um Lida Xing von der China University of Geosciences in Peking im Fachmagazin »iScience«.

Der Fund stammt aus der Region um die Metropole Ganzhou in der Provinz Jiangxi, im Süden Chinas. Und beinahe wäre er in Vergessenheit geraten. Denn im Jahr 2000 hatte der Chef des Bergwerksunternehmens Yingliang Group das Ei zunächst gekauft. Vielleicht hatte der Mann schon damals vermutet, dass sich im Inneren des Eis noch ein spannender Fund verbergen könnte.

Doch dann landete das Kleinod unbeachtet in einem Lager. Erst zehn Jahre später fanden Mitarbeiter es beim Sortieren von einigen Kisten mit Funden. Damals befand sich das Yingliang Stone Nature History Museum, in dem das Unternehmen seine Sammlung ausstellt und in dem sich das Ei heute befindet, noch im Bau.

Das fachkundige Museumspersonal identifizierte den Fund als Dinosaurierei und ließ ihn präparieren. Zum Vorschein kam ein außergewöhnlich gut erhaltener Embryo. Das von Kopf bis Schwanz geschätzt 27 Zentimeter lange Tier kauerte zusammengedrückt in dem Ei von rund 17 Zentimetern Länge. Solche Funde seien sehr selten und meist unvollständig, heißt es. Zudem befinden sich die Knochen meist nicht mehr in ihrem Verbund. Die Forscher, zu denen auch Wissenschaftler von der University of Birmingham in Großbritannien gehören, haben das Tier »Baby Yingliang« getauft.

Es gehört zur Gruppe der Oviraptorosaurier, auch diese gefiederten Therapoden sind eng mit Vögeln verwandt und waren ihnen damals äußerlich ähnlich. Die zahnlosen Tiere liefen auf zwei Beinen, die Größe variiert zwischen der eines Truthahns bis hin zu acht Meter großen Exemplaren. Funde stammen aus der Kreidezeit und wurden in Asien und Nordamerika gemacht. Aufgrund ihrer Schnabelformen ernährten sich die Tiere von Pflanzen, es gab aber wohl auch Allesfresser.

Der Dino-Embryo ist vermutlich zwischen 72 und 66 Millionen Jahren alt. Damit reicht er nah an das Ende der Dinosaurier heran, das wohl durch einen Meteoriteneinschlag besiegelt wurde.

»Dieser Dinosaurierembryo in seinem Ei ist eines der schönsten Fossilien, die ich je gesehen habe«, sagt Steve Brusatte von der University of Edinburgh, einer an der Studie beteiligten Wissenschaftler, laut einer Mitteilung. Er sehe aus wie ein Vogelbaby, das sich in seinem Ei zusammengerollt habe. Das sei ein weiterer Beweis dafür, dass viele Merkmale, die für die heutigen Vögel charakteristisch sind, sich zuerst in ihren Dinosauriervorfahren entwickelt haben.

Haltung wie ein moderner Vogel

Tatsächlich fasziniert die Wissenschaftler vor allem die Haltung des Tiers, die bisher nie bei solchen Dinosauriern beobachtet worden sei. Es hat die charakteristische Position eingenommen, die man vom Schlüpfen heutiger Küken kennt und die bisher nur Vögeln zugeschrieben wurde. Die Tiere sind dafür bekannt, dass sie kurz vor dem Brechen der Eierschale eine gekippte Haltung einnehmen, die vom zentralen Nervensystem gesteuert wird. Dabei krümmen sie ihren Körper und bringen den Kopf in eine Position unterhalb der Flügel. Embryonen, die diese Haltungen nicht erreichen, haben ein höheres Risiko, aufgrund des erfolglosen Schlüpfens zu sterben.

Möglicherweise hat sich dieses Verhalten bereits früher entwickelt, als man bisher angenommen hatte, folgert die Studie, für die das Team auch Funde von anderen Oviraptorosaurier-Embryonen verglichen hat. Es könnte schon bei früheren Theropoden ausgeprägt gewesen sein. Genauere Hinweise können nur Untersuchungen von entsprechenden Funden ergeben – aber die sind rar. Zunächst will das Team um Forscherin Xing deshalb »Baby Yingliang« noch genauer untersuchen und dabei verschiedene bildgebende Verfahren einsetzen.

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