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Die AfD ist vor dem Bundesverfassungsgericht mit dem Versuch gescheitert, dem Verfassungsschutz die Bekanntgabe der Zahl der Mitglieder des »Flügels« vorläufig zu verbieten. Das Gericht lehnte den Eilantrag der Partei wegen nicht hinreichender Begründung ab, wie es am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte.
Es geht dabei aber nicht um die Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall.
In diesem Fall wurde stattdessen darüber entschieden, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) öffentlich machen darf, wie viele Mitglieder der inzwischen offiziell aufgelöste und vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte »Flügel« der Partei hatte und noch haben soll. Die AfD wollte eine sogenannte Zwischenentscheidung erwirken, die dem BfV eine solche Nennung verbietet, bis im Eilverfahren entschieden wurde.
Das Verwaltungsgericht Köln hatte eine solche Zwischenregelung aber abgelehnt, auch eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster blieb erfolglos. Die Partei zog daraufhin vor das Bundesverfassungsgericht, das nun ebenfalls gegen sie entschied.
Die AfD hätte darlegen müssen, dass die zuvor ergangenen Zwischenentscheidungen »auf der Verkennung der Bedeutung und Tragweite ihrer Grundrechte« beruhten, teilten die Karlsruher Richter mit. Dies habe sie aber nicht ausreichend getan. Die Partei habe auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der Verfassungsschutz tatsächlich noch vor der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts die Zahl der Mitglieder des »Flügels« bekannt geben wolle.
AfD beklagt »stigmatisierende und ehrschädigende« Wirkung
Die AfD hatte argumentiert, die Zahl der »Flügel«-Mitglieder sei frei erfunden. Ihre Bekanntgabe habe eine »stigmatisierende und ehrschädigende« Wirkung, weil sie den vom »Flügel« vertretenen politischen Anschauungen eine Bedeutung beimesse, die diese in der Partei nicht hätten.
Auch in einem anderen Eilverfahren in Köln vor dem Verwaltungsgericht über die Einstufung der Partei als Verdachtsfall steht die Entscheidung noch aus. Hier hatte das Kölner Verwaltungsgericht eine Zwischenregelung zunächst auch abgelehnt. Am 5. März allerdings, nachdem Medien über die interne BfV-Entscheidung zur Einstufung berichtet hatten, entschied es sich um.
Nun darf der Verfassungsschutz die AfD vorerst nicht als rechtsextremen Verdachtsfall einordnen oder so behandeln. Das gilt so lange, bis das Verwaltungsgericht über einen entsprechenden Eilantrag der Partei entscheidet.
Die Richter begründeten ihr Umdenken damals damit, dass sich das BfV nicht an eine zuvor abgegebene sogenannte Stillhaltezusage gehalten habe. Die Informationen seien vielmehr »durchgestochen« worden. Über beides – die Einstufung als Verdachtsfall und die Veröffentlichung der »Flügel«-Mitgliederzahl – wird weiter in Köln verhandelt.
Die beiden AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla bewerteten die Entscheidung in Karlsruhe erwartungsgemäß nicht als Niederlage. Sie sei »kein Rückschlag in der Sache«, so Meuthen, da das Gericht nicht darüber entschieden habe, ob die vom Bundesamt für Verfassungsschutz kommunizierte Zahl von vermeintlich 7000 »Flügel«-Anhängern in der AfD korrekt sei. Chrupalla erklärte, eine Entscheidung in der Sache gelte es weiter »abzuwarten«.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof kürzlich für AfD
Der Streit über die Mitgliederzahl ist für die AfD relevant. Erst Anfang März hatte in Hessen der dortige Verwaltungsgerichtshof der AfD in der Sache mit einer Klage recht gegeben. Nun muss das dortige Landesamt für Verfassungsschutz entsprechende Passagen im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2019 ändern. Hintergrund war, dass das Landesamt die Zahl der Anhänger des »Flügel« in der hessischen AfD mit rund 600 angegeben hatte.
Eine Verbreitung dieser Berichterstattung sei »in jedweder Form« zu unterlassen, so die Richter. Außerdem muss das Land Hessen in einer Pressemitteilung richtigstellen, dass die Berichterstattung rechtswidrig gewesen sei, so das Gericht in seiner unanfechtbaren Entscheidung vom 3. März.
Die Entscheidung hatte für Freude in der AfD gesorgt, weil es im Kern ihrer Argumentation entgegenkommt, dass es keine genauen Angaben über die Zahl der Anhänger des »Flügel« gebe. Die hessischen Richter des 7. Senats des Verwaltungsgerichtshofs hatten festgehalten, dass im hessischen Verfassungsschutzbericht 2019 auf mehreren Seiten festgestellt wurde, dass der »Flügel« in Hessen ein »teilweise geschätztes/gerundetes – rechtsextremistisches Personenpotenzial von 600 beziehungsweise ein Potenzial an Rechtsextremisten/Personenpotenzial von bis zu 600 Personen gehabt habe«. Das Gericht erklärte aber, es lägen für diese Zahlen keine »tatsächlichen Anhaltspunkte« vor. Der angegebene Wert, der auch für die Einordnung der Gruppierung und die Außenwirkung maßgeblich sei, halte »einer Plausibilitätskontrolle nicht stand«, so der Verwaltungsgerichtshof.
Der »Flügel« war jahrelang in der AfD bundesweit als internes Netzwerk maßgeblich von den AfD-Politikern Björn Höcke und Andreas Kalbitz geführt worden. Der Thüringer AfD-Landes- und Fraktionschef Höcke löste es im vergangenen Frühjahr auf, nachdem das Netzwerk vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft worden war – und damit in der Folge auch von den Landesämtern.
Kalbitz wiederum verlor durch einen von Co-Parteichef Meuthen herbeigeführten Bundesvorstandsbeschluss seine AfD-Mitgliedschaft im vergangenen Mai, sitzt aber weiterhin als parteiloser Abgeordneter in der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion. Der Verfassungsschutz bezweifelt, ob durch die Auflösung des »Flügels« dessen Einfluss in der AfD geringer geworden ist. So hatte der Brandenburger Landesamtschef Jörg Müller im vergangenen Mai erklärt: »Für uns ist die Ankündigung von Björn Höcke und Andreas Kalbitz eine Scheinauflösung.«
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