Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi gilt als Autokrat und Diktator – und seit kurzem ist er Träger des St.-Georgs-Orden des Dresdner Opernballvereins. Der Opernballverein hatte Al-Sisi am Sonntag in Kairo den St.-Georgs-Orden überreicht, in der Kategorie Politik und Kultur.

Die Verleihung des Ordens, die laut Mitteldeutschem Rundfunk (MDR) einem der „schönsten und ältesten Schmuckstücke aus dem weltberühmten Dresdner ‚Grünen Gewölbe‘ nachempfunden“ ist, hat zu harscher Kritik geführt. Man hätte sich die Zeremonie und die Würdigung in Kairo sparen sollen, hieß es unter anderem von Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert. Der FDP-Politiker kündigte an, seine Teilnahme am Semperopernball zu prüfen.

Der Chef des Opernballvereins, Hans-Joachim Frey, hatte die Auszeichnung zunächst noch gerechtfertigt. Der Ball sei eine Kultur- und keine politische Veranstaltung, Al-Sisi sorge in Ägypten für Stabilität, den Aufbau der Gesellschaft, für Kultur und Bildung – und er sei als Präsident der Afrikanischen Union die Stimme Afrikas.

Der frühere General und Armeechef Al-Sisi war 2013 nach einem Militärputsch an die Macht gekommen und 2014 als Präsident vereidigt worden. Seitdem geht er allerdings mit harter Hand gegen Oppositionelle und Kritiker vor, Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt.

Inzwischen hat Frey seine Entscheidung revidiert: „Wir möchten uns für diese Preisverleihung entschuldigen und davon distanzieren. Die Verleihung war ein Fehler“, teilte der Ballvereins-Chef in Dresden mit. „Uns sind die entstandenen Irritationen bewusst und wir bedauern sie von Herzen.“

Womöglich hatte Frey den geplanten Ablauf der Veranstaltung in Gefahr gesehen. Denn auch die Moderatorin des Balls, Judith Rakers, hadert mit der Preisverleihung. „Mich irritiert diese Verleihung sehr, und ich bin seitdem in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich als Moderatorin des Balls ziehen möchte“, schrieb die „Tagesschau“-Sprecherin.

Die 44-Jährige soll neben dem Schlagersänger Roland Kaiser durch den Abend führen. Auch der 67-jährige Musiker äußerte sich ähnlich. Aus dem „rauschenden kulturellen Ereignis“ sei „ein politisches geworden“, schrieb Kaiser auf Facebook – ebenso irritiert wie seine Kollegin.

Seit Bekanntwerden dieser Verleihung sei er „in Gesprächen über die Konsequenzen, die ich voraussichtlich ziehen werde“. Auch die Semperoper selbst übte Kritik. „Die Semperoper Dresden missbilligt ausdrücklich die Entscheidung“, zitierte der MDR Intendant Peter Theiler. Die Entscheidung des Semperopernballs führe „zu einer massiven Irritation“.

Opernballvereins-Chef: Orden spielt bei Ball keine Rolle

Die Auszeichnung sorgte auch in Berlin für Aufruhr. Es gab aber auch Verständnis. Kai Gehring vom Menschenrechtsausschuss und Kulturexperte Erhard Grundl (beide Grüne) forderten Frey auf, die Entscheidung zurückzunehmen, auch um Schaden von der „hochgeschätzten“ Semperoper abzuwenden. Al-Sisi sei „ein lupenreiner Autokrat und Anti-Demokrat“, die Preisverleihung an ihn „ein Affront“ gegen alle friedlichen Regimekritiker.

Ballvereins-Chef Frey bekräftigte nun, dass die Preisverleihung beim Ball am 7. Februar keine Rolle spielen werde. „Sie wird weder in Wort noch im Bild im Programm des Semperopernballs oder im Fernsehen stattfinden.“ Der Verein nehme die Debatte zum Anlass, über sein Selbstverständnis als Kulturbotschafter nachzudenken. Bereits zuvor hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer mitteilen lassen, dass er die Schirmherrschaft für die Veranstaltung behalte: Der CDU-Politiker will den Ball wie geplant eröffnen.

Icon: Der Spiegel

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