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Sie geht noch zur Schule, in ihrer Freizeit tut sie aber schon viel Gutes.
Sia Sehgal aus der Nähe von Mumbai übernahm vor Kurzem die Leitung einer regionalen Impfkampagne für die indische Transgender-Community. Die Schülerin ist 16 Jahre alt.
Dazu arbeitet sie mit der Maharashtra District AIDS Control Society (MDACS), einer lokalen HIV/Aids-Organisation, zusammen.
Die 16-Jährige hat in nur zwei Wochen 200 000 Rupien (umgerechnet etwa 2300 Euro) in einer Crowdfunding-Aktion gesammelt. Mit der Summe bekamen bereits 120 trans Menschen ihre erste Dosis des Covidshield-Impfstoffs – kostenlos. Der Impfstoff ist die lokal hergestellte Version des Vakzins von AstraZeneca.
Transgender sind Menschen, deren Geschlecht ab der Geburt zeitweise oder dauerhaft nicht mit dem gefühlten Geschlecht übereinstimmt. Sie spüren früher oder später, dass sie dem „anderen“ Geschlecht angehören. Oder: Sie können oder wollen sich gar nicht als Frau oder Mann einordnen (lassen).
Die „Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität“ (dgti) benutzt das Adjektiv „trans“ als Oberbegriff für transidente, transsexuelle und transgender Menschen.
„Die Leute starrten mich an und lachten über mich“
Obwohl transsexuelle Menschen in Indien einen gewissen staatlichen Schutz genießen, sind sie immer noch starker sozialer Stigmatisierung und Gewalt ausgesetzt. Varshabhai Dhokalia, eine Transfrau, die im Juni geimpft wurde, erzählt der Hindustan Times, dass sie schikaniert wurde, als sie in der Schlange auf ihre erste Impfung wartete.
„Wir werden ständig verspottet“, berichtet sie. „Während ich in der Schlange für die Impfung stand, starrten mich die Leute an und lachten über mich. Jemand machte sogar die Bemerkung, die Impfung sei nur für Männer und Frauen.“
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Diese Art von Diskriminierung, so Dhokalia, ist auch der Grund, warum viele trans Menschen immer noch zögern, sich impfen zu lassen.
Die erste Impfrunde, die von Sia organisiert wurde, fand am 24. Juli statt, dazu gab’s auch Snackboxen und ein kleines Care-Paket, wie das India Corporate Sustainability and Responsibility Network berichtet. Eine weitere Impfaktion für die zweite Dosis plant die 16-Jährige für den kommenden Samstag.
Trans Menschen in Indien werden noch immer an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Durch die Pandemie hat sich ihre Situation noch weiter verschärft, insbesondere in Gesundheitsbelangen.
Auf dieses problematische Lage wurde auch die Schülerin aufmerksam. Die 16-Jährige geht auf eine Privatschule in Tardeo, etwas außerhalb von Mumbai. Die schwierige Lebenssituationen von trans Menschen ließ ihr keine Ruhe, sie wollte helfen.
Vorab hatte sie sich mit Vorsitzenden von trans Organisationen via Zoom Call verabredet, sprach mit ihnen über den Mangel an Impfungen und wie man die Menschen am besten erreichen könne.
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Viele Transgender gehören zu einer Risikogruppe
„Ich führte lange Gespräche mit ihnen und stellte fest, dass einige von ihnen auch Angst hatten, sich impfen zu lassen, weil sie keine Ausweise haben oder welche, die nicht ihrem eigentlichen und gelebten Geschlecht entsprechen. Sie fürchten sich, so von den medizinischen Zentren abgewiesen zu werden“, sagte Sehgal gegenüber der Times of India.
Viele trans Menschen würden durch die Stigmatisierung entmutig, sich impfen zu lassen. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Transgender einer Risikogruppe angehören, liege es in der Verantwortung von allen, dass sie auch vollständig geimpft werden, findet die 16-Jährige.
„Ihre Angst rührt von weit verbreiteten Fehlinformationen über Impfstoffe her. Einige befürchten, dass der Impfstoff negative Auswirkungen auf Personen haben könnte, die sich einer Hormonersatztherapie unterziehen, oder auf HIV-Infizierte und immungeschwächte trans Menschen“, erklärt die Schülerin.
Als 16-Jährige hat Sia laut Times of India selbst noch keinen Anspruch auf den Impfstoff. Derzeit können sich in Indien nur Personen ab 18 Jahren impfen lassen, was vor allem auf den begrenzten Vorrat an Impfdosen zurückzuführen ist. Vorab muss man sich online registrieren lassen – schon daran scheitern viele.
Sias Einsatz ist nicht der erste seiner Art: Im Mai führte die Stadt Guwahati im nördlichen Bundesstaat Assam bereits eine Impfaktion speziell für Transgender-Personen durch. Westbengalen zog kurz darauf nach und weitete den Anspruch auf die Impfung auf Personen aus, die „gezwungen sind, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen“, wie eben Transgender. Sie haben oft keine andere Einnahmequelle als zu betteln, viele sind auch Sexarbeiter oder Taxifahrer.
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