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Die Sitzung im Abgeordnetenhaus zur Amtsenthebung von US-Präsident Trump endete mit einem klaren Votum: Wie erwartet stimmte eine Mehrheit für ein Impeachment. Nun ist der Senat am Zug.
Als dritter Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten muss sich Donald Trump einem Amtsenthebungsverfahren im US-Senat stellen. Eine Mehrheit von 230 zu 197 der Abgeordneten stimmte im Repräsentantenhaus für die Eröffnung eines Impeachments-Verfahrens wegen mutmaßlichen Machtmissbrauchs. Anschließend sprach sich eine Mehrheit von 229 zu 198 der Abgeordneten auch für den zweiten Artikel der Behinderung des Kongresses aus.
Der Präsident „hat die Nation betrogen, indem er sein Hohes Amt missbrauchte, um eine ausländische Macht aufzurufen, demokratische Wahlen zu korrumpieren“, hieß es in der Resolution. „Präsident Trump hat durch dieses Verhalten demonstriert, dass er eine Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Verfassung bleiben wird, wenn es ihm erlaubt wird, im Amt zu bleiben.“
Die historische Abstimmung verlief weitgehend entlang der Parteizugehörigkeit. Kein Republikaner stimmte für ein Impeachment. Beide Lager lieferten sich in der elfstündingen Sitzung einen heftigen Schlagabtausch. Die Demokraten begründeten die Eröffnung des Verfahrens gegen Trump mit der Verpflichtung, die Verfassung zu schützen. Die Republikaner dagegen warfen den Demokraten vor, sie handelten allein aus parteipolitischem Kalkül und seien seit Beginn der Präsidentschaft Trumps besessen davon gewesen, ein Impeachment-Verfahren gegen diesen anzustrengen.
Republikaner halten zu Trump
„Die Demokraten kommen nicht über die Tatsache hinweg, dass Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten ist, und dass sie keinen Kandidaten haben, der ihn besiegen kann“, sagte der Abgeordnete Doug Collins. Ross Spano, ein republikanischer Abgeordneter wittert den Versuch, „die Wahlen von 2016 rückgängig zu machen“. Und das auf der Basis von Hörensagen und Meinungen. Nicht Fakten. Und es hat die Messlatte niedriger gelegt, was zukünftige Präsidenten vor sich haben.“
Der New Yorker Demokrat Jerry Nadler stellte dagegen nach dem Votum klar: „Präsident Trump stellt seine persönlichen politischen Interessen über unsere nationale Sicherheit und über unsere Wahlen.“
Trump spricht von „grausamen Lügen“
Trump meldete sich während der Debatte auf Twitter zu Wort und warf den Demokraten vor, sie verbreiteten „grausame Lügen“. Der Präsident weist ihre Anschuldigungen in der Ukraine-Affäre vehement zurück.
Stattdessen behauptete Trump, die Demokraten wollten seinen Wahlsieg von 2016 „annullieren“. Die „radikale Linke“ im Kongress sei von „Neid, Hass und Wut“ auf ihn zerfressen, sagte Trump dann bei einem Wahlkampfauftritt in Battle Creek im Bundesstaat Michigan. „Diese Leute sind verrückt.“
Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Das werten sie als Amtsmissbrauch. Sie werfen ihm außerdem vor, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu der Ukraine-Affäre behindert zu haben.
Weißes Haus nennt Impeachment-Votum „verfassungswidrige Farce“
Das Weiße Haus hat die Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens scharf verurteilt und als „verfassungswidrige Farce“ bezeichnet. Die Abstimmung im Repräsentantenhaus sei der „Höhepunkt einer der beschämendsten Episoden in der Geschichte unserer Nation“, teilte Trumps Sprecherin Stephanie Grisham mit.
Die Anklagepunkte gegen Trump seien völlig illegitim und entbehrten jeder Grundlage. In dem gesamten „betrügerischen“ Verfahren seien dem Präsidenten grundlegende Rechte verwehrt worden. Trump sei sich sicher, dass es im Senat dagegen einen fairen Prozess geben werde, in dem er vollständig entlastet werde. Der Präsident sei für die nächsten Schritte vorbereitet und werde sich weiter unermüdlich um die Belange des Landes kümmern.
Amtsenthebung weiter sehr unwahrscheinlich
Trotz des Votums im Repräsentantenhaus droht Trump nach jetzigem Stand kein baldiger Auszug aus dem Weißen Haus: Das eigentliche Impeachment-Verfahren wird – wohl im Januar – im Senat stattfinden, der dann die Rolle eines Gerichts einnimmt. Und dort haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Mindestens 20 republikanische Senatoren müssten sich auf die Seite der Demokraten schlagen, um die für eine Amtsenthebung nötige Zweidrittelmehrheit zu erreichen. Das ist derzeit nicht in Sicht.
Dennoch ist schon die Eröffnung des Verfahrens ein großer Makel für Trump. Vor ihm mussten das nur zwei andere Präsidenten über sich ergehen lassen: Bill Clinton Ende der 1990er Jahre und Andrew Johnson im 19. Jahrhundert. Gegen einen weiteren Präsidenten, Richard Nixon, waren zwar ebenfalls Impeachment-Ermittlungen geführt worden – Nixon trat aber zurück, bevor das Repräsentantenhaus über die Anklagepunkte abstimmen konnte. Bislang wurde kein Präsident in der Geschichte der USA durch ein Impeachment des Amtes enthoben.
Mit Informationen von Arthur Landwehr, ARD-Studio Washington
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