Hamburg – Mit Bohren und Schleifen kennt er sich aus. Auch mit Füllungen.

Uni-Zahndoktor Andreas von der Lippe (54) aus Halle verbringt gerade seinen Urlaub unter weißer Zeltplane am Maritimen Museum.

Auf seiner Mini-Werft läuft die erste Schönheitskur für einen „Seehund“!

Das ist ein 11,86 Meter langes Klein-U-Boot vom Typ XXVII B5. Es versank im März 1945 vor Fehmarn.

An Bord des erst 2001 aus 12 Metern Tiefe geborgenen Schulungs-„Seehunds“ der Kriegsmarine wurden bei der Bergung nach dem Abpumpen des Schlamms zwei Skelett-Soldaten gefunden!

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Zwei Skelett-Soldaten

Der Kommandant war mit Tauchrettungs-Ausrüstung wahrscheinlich an einem Ventil hängengeblieben, konnte die Luke deshalb nicht verlassen. Und blockierte so den einzigen Fluchtweg an die rettende Wasseroberfläche auch für den Maschinisten hinter ihm.

Beide ertranken. Ihre Namen sind bis heute unbekannt – die Erkennungsmarken wurden nicht gefunden. Möglich: Seegrab-Räuber tauchten schon vor der Bergung im flachen Ostseewasser liegenden U-Boot, stahlen die Marken. Auch die Kennungs-Plakette des U-Boots fehlt.

Der gebürtige Kieler kratzt aus dem Beulen-Rumpf des Seesoldaten-Sarges eine nasse Schaum-Füllung aus dem Zusatztank. Das Mini-U-Boot steht draußen, Regenwasser sickerte jahrelang durch viele Rostlöcher.

Der „Seehund"-Experte flext den Rost an Metallstreben einer Öffnung im Zusatztank abFoto: Andreas Costanzo

Die fleckigen Stahlstreben werden abgeflext, später Alu-Bleche aufgeschraubt.

„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt der Zahn-Mediziner von der Uni Halle/Saale. Erst im Dezember sah er das erste Mal den „Seehund“ (tauchte 45-70 m tief) im Museum. Er bewarb sich für die Sanierung, brachte Werkzeug und Material mit.

„Damit das Schicksal der Soldaten nicht vergessen wird und es weiterhin vor Krieg und den Folgen warnen kann“, sagt der Hobby-Schrauber im roten Overall.

Rund 285 „Seehunde“ mit jeweils zwei angehängten Elektro-Torpedos wurden bis 1945 gebaut. Den Kriegsausgang konnten sie nicht mehr beeinflussen – nur eine erfolgreiche Versenkung eines alliierten Zerstörers ist bekannt. Die meisten der engen Tauch-Zylinder (nur 1,30 Meter Breite Platz im Innern) gingen verloren – viele auch ohne Feindeinwirkung.

„Manchmal träume ich, mit dem U-Boot zu tauchen. Natürlich ohne Torpedos. Aber in der Realität würde ich dafür wohl keine Genehmigung von meiner Frau bekommen“, lacht von der Lippe.

2022 soll der Hamburger Museums-„Seehund“ fertig renoviert sein.

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