Eine Übergangsregierung mit Rumpfkabinett, die binnen 70 Tagen Neuwahlen vorbereitet – so lautete der Vorschlag von Ex-Ministerpräsident Ramelow. Thüringens CDU will dem so nicht folgen und präsentierte einen Gegenvorschlag.

Die Thüringer CDU lehnt einen Kernpunkt des Vorschlags von Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow zur Beilegung der Regierungskrise ab. Der Vorstoß, die CDU-Politikerin Christine Lieberknecht für 70 Tage zur Übergangsministerpräsidentin zu wählen, „greife insgesamt betrachtet zu kurz“, sagte CDU-Landtagsfraktionschef Mike Mohring in Erfurt vor Journalisten.

Die CDU begrüßte zwar den Vorschlag, Lieberknecht zur Ministerpräsidentin zu wählen. Statt aber damit – wie von Ramelow gefordert – den Weg für schnelle Neuwahlen zu ebnen, forderte sie eine „Regierung des Übergangs“. Diese solle vollständig besetzt sein und auch den Landeshaushalt für das Jahr 2021 aufsetzen. Eine solche Regierung solle unter Führung von Lieberknecht parteiübergreifend von berufenen Experten gestellt werden, so Mohring. Erst nachdem der Landtag den Haushalt verabschiedet habe, könne es dann Neuwahlen geben.

Der Linke-Politiker Ramelow hatte für eine Übergangszeit eine „technische Regierung“ vorgeschlagen, die aus lediglich vier Mitgliedern bestehen sollte: neben Lieberknecht als Regierungschefin aus drei Ministern aus den Reihen von Rot-Rot-Grün. Diese Rumpfregierung sollte dann binnen 70 Tagen Neuwahlen organisieren.

„Die CDU kauft sich Zeit“

Mit ihrem Verhandlungsangebot will die CDU-Fraktion am Abend in Gespräche mit Linken, SPD und Grünen gehen. ARD-Korrespondent Markus Reher sieht in dem Gegenvorschlag einen Versuch der CDU, schnelle Neuwahlen zu vermeiden. „Sie kauft sich damit Zeit“, sagt er.

Wenn eine vollständig besetzte Expertenregierung einen Haushalt für 2021 einbringen würde, könne es leicht bis in den Herbst oder vielleicht sogar bis zum Jahresende dauern, bis Neuwahlen organisiert seien. „Und an schnellen Neuwahlen ist die CDU offenbar nicht interessiert. Das ist durchaus verständlich bei den Umfragewerten, die sie jüngst hat.“ Laut diesen Umfragen könnte die CDU auf etwa zwölf Prozent abrutschen.

SPD: Verhalten der CDU ist „prinzipienlos und überheblich“

Der Vorsitzende der Bundes-SPD, Norbert Walter-Borjans, nannte das Verhalten der Thüringer CDU „prinzipienlos und überheblich“. Jedes Zuwarten und jede Verzögerung ohne eine handlungsfähige Landesregierung untergrabe das Vertrauen in die Demokratie. „Nach den jüngsten Erfahrungen sollten die Wählerinnen und Wähler mit schnellen Neuwahlen – wie von Thüringens SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee von Anfang an vorgeschlagen – wieder für eine handlungsfähige, demokratische Regierungsmehrheit sorgen.“

Die zweite SPD-Vorsitzende, Saskia Esken, mahnte die Einhaltung der Ergebnisse des jüngsten Koalitionsausschusses durch die Bundespartei an. Union und SPD hatten nach dem Treffen vom 8. Februar gemeinsam verlangt, dass umgehend ein neuer Ministerpräsident im thüringischen Landtag gewählt wird.

Gutes Verhältnis zwischen Lieberknecht und Ramelow

Lieberknecht war bereits von 2009 bis 2014 Regierungschefin in Thüringen und führte damals eine Koalition von CDU und SPD an. Nach der Landtagswahl 2014 entschied sich die SPD für ein Bündnis mit den Linken und den Grünen. So kam es zum Machtwechsel, obwohl die CDU damals stärkste Fraktion im Landtag blieb.

Lieberknecht wird schon seit vielen Jahren ein gutes Verhältnis zu Ramelow nachgesagt. Bei der Wahl zur Ministerpräsidentin 2009 sprang Ramelow ihr nach zwei erfolglosen Wahlgängen zur Seite und sorgte mit seiner Kandidatur im dritten Wahlgang dafür, dass sich die Reihen schlossen.

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 18. Februar 2020 um 17:00 Uhr.

Artikelquelle

Artikel in der gleichen Kategorie: