Vor rund einem Jahr stürzte eine Boeing 737 Max des Billigfliegers Lion Air in Indonesien ab, 189 Menschen starben. Bevor die Maschine auf der Meeresoberfläche zerbarst, hatten die Piloten verzweifelt versucht, die Kontrolle über die Maschine zurückzuerlangen. Das Unglück war der tragische Beginn eines gigantischen Skandals, in dessen Zentrum seitdem der neue Flugzeugtyp Boeing 737 Max, der Konzern selbst und die amerikanische Flugaufsichtsbehörde FAA steht.

Am Freitag ist nun der lange erwartete Abschlussbericht der Untersuchung des Lion-Air-Absturzes veröffentlicht worden. Eine ganze Reihe von Gründen hat nach Ansicht der indonesischen Ermittlungsbehörden zum Absturz geführt: Laut Bericht empfehlen die Experten eine technische Umgestaltung der Maschine. Zudem müssten die Piloten künftig besser trainiert werden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, der der Bericht vorliegt.

Problematisch ist vor allem das automatische Steuerungsprogramm Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS), das von Boeing eigens für die 737 Max entwickelt wurde. Dieses System führt zum automatischen Absenken der Flugzeugnase bei drohendem Strömungsabriss. Die Piloten können MCAS mittels zweier Schalter im Cockpit wieder abstellen, das geschah bei dem Unglücksflug aber nicht.

Mehr zum Thema bei SPIEGEL+

Laut dem Bericht war einer der Piloten, der erste Offizier, mit dem System nicht vertraut genug. Zudem habe er schon während des Trainings mit der Maschine Probleme gehabt.

Außerdem lieferte ein außen angebrachter Sensor falsche Daten. Laut dem Bericht soll er von einer Reparaturwerkstatt in Florida falsch kalibriert worden sein, zudem sei er wohl später vom Wartungspersonal von Lion Air nicht getestet worden.

Offenbar hatte Boeing auch unterschätzt, dass die Piloten bei Problemfällen mit dem System der 737 mehr Zeit benötigen, um zu reagieren. Nach den Schätzungen des Herstellers betrug dieser Zeitraum drei Sekunden. Beim Unglücksflug waren es aber acht.

Der Bericht bemängelt außerdem, dass 31 Seiten aus den Wartungsprotokollen der Fluggesellschaft fehlen. Auf eine Anfrage zu diesen Seiten habe Lion Air bisher nicht reagiert, berichtet Reuters.

US-Luftfahrtbehörde in der Kritik

Bereits am Mittwoch hatten die Ermittler den Bericht den Angehörigen präsentiert und dabei erklärt, dass laut ihren Untersuchungen ein Konstruktionsfehler die Unglücksursache war und die Piloten zu schlecht trainiert waren.

Zuvor hatte auch die US-Luftfahrtbehörde FAA wegen angeblicher Versäumnisse bei der Zulassung der 737 Max Vorwürfe gegen Boeing erhoben. Der Flugzeughersteller habe ein Dokument, in dem sich ein technischer Leiter negativ über die Flugeigenschaften der 737 Max geäußert hatte, schon vor Monaten aufgetrieben, dem Verkehrsministerium jedoch erst am späten Donnerstag vorgelegt.

Demnach soll sich der technische Chefpilot Mark Forkner bereits vor Jahren nach Testflügen in einem Flugsimulator über die schlechten Flugeigenschaften der 737 Max beschwert haben.

Neben Boeing ist aber auch die FAA selbst durch die 737-Max-Abstürze in die Kritik geraten. Bei einem weiteren Absturz desselben Flugzeugtyps von Ethiopian Airlines starben im April 157 Menschen. Bei beiden Unglücken kamen insgesamt 346 Menschen ums Leben.

Artikelquelle

Artikel in der gleichen Kategorie: