Eigentlich sind Kühe friedliebende und neugierige Tiere. Sie können aber auch aggressiv und zur tödlichen Gefahr für Menschen werden. Österreich will nun mit einer Informationskampagne gegen das Problem vorgehen.

Nach mehreren schweren Unfällen sollen Almwanderer in Österreich verstärkt darüber informiert werden, wie man sich Kühen gegenüber richtig verhält. Man wolle Touristen und einheimische Wanderer über „alle Kanäle“ ansprechen, sagte Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger nach einem „Almen-Gipfel“ mit Vertretern aus Almenwirtschaft, Tourismus und Alpenverein.

So sollen Verhaltensregeln etwa in sozialen Netzwerken und Lokalzeitungen veröffentlicht sowie in Hotels ausgelegt werden. Außerdem sollen zusätzliche Schilder Wanderer vor Orten warnen, an denen besonders viele Mutter- und Jungtiere weiden.

Mehrere tödliche Vorfälle

In Österreich stehen nach Angaben des Ministeriums rund 300.000 Rinder auf den rund 8000 bewirtschafteten Almen. Viele Wanderwege kreuzen die Areale. Bei Spaziergängern, Radfahrern und Wanderern ist daher im Umgang mit den Tieren Rücksichtnahme gefragt.

Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu Angriffen der mehrere hundert Kilogramm schweren Tiere auf Wanderer. Für großes Aufsehen hatte im Sommer 2014 der Fall einer deutschen Wanderin gesorgt, die im Tiroler Stubaital von einer Kuhherde zu Tode getrampelt worden war. Die Tiere hatten offenbar ihre Kälber vor dem Hund der Frau schützen wollen. Zuletzt wurden im Juni auf einer Weide am Vilsalpsee in Tirol drei Menschen verletzt.

Österreich reagierte im vergangenen Jahr mit zehn Regeln für Wanderer, die auf Almen mit Weidebetrieb unterwegs sind. Die Regeln sehen unter anderem das Anleinen von Hunden – oder im Fall einer Kuh-Attacke deren sofortiges Loslassen – sowie das deutliche Umgehen einer Herde vor. Außerdem wurde die Eigenverantwortung von Almbesuchern gesetzlich verankert.

Gefährlicher TikTok-Trend

Köstinger kritisierte in diesem Zusammenhang besonders eine Aktion im sozialen Netzwerk TikTok, die die Almwirtschaft in den vergangenen Wochen „massiv beunruhigt“ habe: Im Rahmen der sogenannten Kulikitaka-Challenge hatten Nutzer sich dabei gefilmt, wie sie mit wedelnden Handbewegungen auf Kühe zugerannt waren und die Weidetiere so erschreckt hatten. Mittlerweile seien die Videos glücklicherweise von der Plattform gelöscht worden, sagte Köstinger.

TikTok teilte damals mit, die Community-Richtlinien duldeten „keine Inhalte, die unnötig schockierend und grausam sind, sowohl gegenüber Menschen als auch Tieren“. Der Name „Kulikitaka-Challenge“ ergibt sich aus dem Merengue-Titel „Kulikitaka“ des Sängers Tono Rosario, mit dem das Erschrecken der Tiere unterlegt wird.

Landwirte in Deutschland hatten davor gewarnt, diese Videos nachzuahmen – nicht nur, weil sie die Tiere unter Stress setzen, sondern auch Menschen, die sie erschrecken, in Lebensgefahr bringen können. Kühe seien zwar friedliebend, könnten aber aggressiv werden – gerade wenn es darum gehe, den Nachwuchs zu verteidigen, sagte der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Udo Hemmerling. Würden Kühe ohne Vorwarnung erschreckt, setzten sie entweder zur Verteidigung oder unkontrolliert zur Flucht an.

Auch Landwirte selbst von Unfällen betroffen

Eine panische Flucht kann auch für die Tiere tödliche Folgen haben: Ende Juni stürzten nach Angaben der Behörden am Immenstädter Horn im Allgäu 18 Kühe einer Alpe bis zu 300 Meter in die Tiefe. Zwei Kühe überlebten den Sturz nicht, mehrere Tiere wurden verletzt. Die Immenstädter Stadtverwaltung bat daraufhin Wanderer, am Berg sensibel mit den Tieren umzugehen, auf nächtliche Aktivitäten außerhalb fester Forst- und Alpwege zu verzichten und keine stark strahlenden Leuchten zu verwenden oder gar Feuer zu entzünden. 

Auch Landwirte und ihre Mitarbeiter, die im Umgang mit Kühen Erfahrung haben, sind vor Unfällen nicht gefeit: Im vergangenen Jahr registrierte die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau 5669 meldepflichtige Unfälle im direkten Kontakt zu Rindern, fünf Menschen starben.

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Nova am 21. Juli 2020 um 18:38 Uhr.

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