Eine Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs wird im erweiterten Führungszeugnis vermerkt – bislang für zehn Jahre. Die Bundesregierung will die Frist verlängern. Einige Bundesländer und die CSU fordern einen lebenslangen Eintrag.

Mehrere Bundesländer wollen erreichen, dass Menschen, die wegen sexueller Gewalt gegen Minderjährige verurteilt wurden, einen lebenslangen Eintrag im erweiterten Führungszeugnis erhalten. Der Justizstaatssekretär des Saarlands, Roland Theis, bekräftigte einen Vorstoß aus dem Februar. Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern hatte das Land über den Bundesrat ein Ende der bisher gültigen Löschfristen eingebracht.

Derzeit könne sich jemand, der etwa zu einem Jahr Haft verurteilt wurde, nach elf Jahren ohne Vermerk im erweiterten Führungszeugnis wieder in einer Kita bewerben, sagte der CDU-Politiker. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hatte Anfang Juli ein Reformpaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vorgelegt. Darin ist unter anderem vorgesehen, die Löschfristen zu verlängern.

„Führungszeugnis hängt nicht im Schaukasten“

Das reicht aus Theis Sicht nicht. Wenn sich jemand im Alter von 18 Jahren eines solchen Delikts schuldig gemacht habe, müsse dies zum Schutz der Kinder auch noch aufgelistet sein, wenn der Täter bereits 88 Jahre alt sei. „Das erweiterte Führungszeugnis hängt auch nicht am Schaukasten der Gemeinde vorm Rathaus“, betonte der Jurist.

Zugriff habe nur, wer als künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse habe, weil es im Arbeitsverhältnis eine besondere Nähe zu Kindern gebe. Der notwendige Gedanke der Resozialisierung trete dabei nicht völlig in den Hintergrund.

Unterstützung aus dem Bundestag

Unterstützung kommt von den Christsozialen im Bundestag. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Wer sich an den Schwächsten unserer Gesellschaft vergeht, der darf auch nie wieder beruflich oder ehrenamtlich Umgang mit Kindern haben.“

Mit ihrem Reformpaket plant Lambrecht eine Strafverschärfung bei sexuellem Missbrauch von Kindern. Er soll künftig nicht mehr als Vergehen eingestuft werden können, sondern nur noch als Verbrechen, bei einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Ebenso ist das für den Besitz von Kinderpornografie geplant.

Rörig kritisiert schwachen politischen Willen

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, nannte die Pläne Lambrechts in den Zeitungen der Funke Mediengruppe ein „wichtiges Signal für Betroffene“. Aber allein mit Strafverschärfung verhindere man Missbrauch nicht. Viel entscheidender sei, dass Entdeckungsrisiko für Missbrauchstäter zu erhöhen. Diese erreiche man durch verbesserte Aufklärungs- und Präventionsarbeit und bessere polizeiliche Ermittlungsmöglichkeiten.

Rörig kritisierte Parteien und Ministerpräsidenten: „Der politische Wille, sexuelle Gewalt gegen Kinder zu bekämpfen, ist bisher viel zu schwach.“ Er forderte jeden Ministerpräsidenten auf, „sich selbst zum obersten Kinderschützer ihres Landes“ zu erklären. Alle Bundesländer sollen zudem einen Landes-Missbrauchsbeauftragten im Range eines Staatsrats ernennen und einen „ressortübergreifenden Masterplan“ zur Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder erstellen und umsetzen.

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Juli 2020 um 16:00 Uhr in den Nachrichten.

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