Das legendäre Festival in Woodstock im Sommer 1969 war auch ein Meilenstein in ihrer Karriere: Joan Baez stand vor mehr als 50 Jahren mit auf der Bühne, als die Welt für drei lange Tage aus «Peace, Love and Freedom» zu bestehen schien.

Im letzten Jahr wurde über eine Wiederauflage des Events spekuliert, und Baez war durchaus nicht abgeneigt: «Wenn es einem neuen Festival gelänge, ein Künstler-Line-Up zusammenzustellen, eines, das uns Überlebende mit einschlösse und mit anderen jüngeren Künstlern zusammenbrächte, fände ich es interessant», sagte die US-Amerikanerin. «Das würde die Idee von Woodstock lebendig halten.»

Das ist typisch Baez, sie sieht immer eher das Positive, geht nach vorne, bleibt optimistisch: Heute feiert die unermüdliche Folk-und Protestsängerin ihren 79. Geburtstag.

Für junge Menschen dürfte ihre Vita wie ein etwas verblichenes Bilderbuch wirken. Protestmärsche, Vietnam, die Hoffnung auf Weltfrieden. Die Songs von Bob Dylan. Zehntausende, die dem Traum des schwarzen Baptistenpredigers Martin Luther King lauschen.

Und mittendrin Joan Baez, dunkelhaarige Königin des politischen Folk. Es sind goldene Erinnerungen. Doch wie aktuell sind diese Lieder noch? Wächst eine neue Joan Baez heran? Oder verlagert sich der Aktivismus endgültig ins Internet, stirbt der Protestsong aus?

Die junge Frau aus dem New Yorker Stadtteil Staten Island hatte den heranrollenden Weltruhm wohl kaum vermutet, als sie 1959 beim Newport Folk Festival im Alter von 18 Jahren ans Mikrofon trat. Ihr ein Jahr später erschienenes Solo-Album sollte zum Kassenschlager werden, beim Woodstock-Festival 1969 galt sie bereits als Star. Rund 50 Alben brachte Baez während ihrer Karriere allein in den USA heraus.

Schnell wurde die Unbekannte mit dem zarten Gesicht und dem hellen Sopran zur madonnenhaften Gestalt, zur musikalischen Friedensstifterin in einer von Kriegsgrauen, Rassismus und Gewalt gepeinigten Welt. Den damals noch unbekannten Bob Dylan habe bei ihren Konzerten erst niemand hören wollen, erinnert sich Baez in der Dokumentation «Joan Baez: How Sweet the Sound» von Mary Wharton: «Sie waren da, um ihre makellose kleine Jungfrau Maria zu hören.»

Während auch Dylans Karriere durch die Decke schoss und die Beziehung der beiden in die Brüche ging, bewahrte Baez sich ihren politischen Aktivismus, den sie bei ihm oft vermisste. «Ich bekam Angst, was passieren würde, wenn ich ins Räderwerk des Kommerz geraten würde», sagte Baez damals. Nach ihrem Leben als Star gefragt, antwortete sie: «Wenn Ihr Etiketten braucht, dann wäre ich als erstes ein Mensch, als zweites Pazifistin und als drittes Folk-Sängerin.»

Chile, Argentinien, Kambodscha – stets waren es die Rechte der Unterdrückten und Bedrohten, die Baez umtrieben. 1972 sang sie an Weihnachten aus einem Luftschutzkeller in Hanoi, später trat im Westjordanland und im Gaza-Streifen auf, 1989 unterstützte sie die «Samtene Revolution» in Prag. Bis heute, da ihre schwarzen, langen Haare weiß und kurz geworden sind, bleibt ihre Botschaft politisch.

Artikelquelle

Artikel in der gleichen Kategorie: