Leipzig – „Ja, ich bin immer noch gerne OB von Leipzig. Auch wenn ich nach dem 1. März dachte, ich mache 14 Tage Urlaub.“

Daraus wurde nichts. Seit seiner Wiederwahl ist Burkhard Jung (62, SPD) im Krisenmodus. Und mit ihm Finanz-Bürgermeister Torsten Bonew (48, CDU). Der verkündete zwar am Donnerstag noch, dass Leipzig 2019 den besten Haushalt aller Zeiten hatte (+ 93,3 Mio. Euro) – doch nun brechen die Steuereinnahmen weg. Dafür steigen Ausgaben und Arbeitslosenzahlen.
Doch sparen will Leipzig deshalb nicht, sondern Kredite aufnehmen.

DER SCHULDEN-SCHOCK!

Bonew: „Wir erwarten einen u-förmigen Verlauf der Krise.“ Heißt: Das Tief dauert zwei Jahre, dann geht‘s wieder aufwärts. Und deshalb wird beim Haushalt 2021/22 nicht gekürzt.

Finanziert werden soll das über Kassenkredite (= Dispo bei Privatpersonen). Insgesamt 850 Mio. Euro neue Schulden wird die Stadt machen. Davon 150 Mio. Euro in diesem, 300 Mio. im nächsten und 400 Mio. im Jahr 2022. Die Summe entspricht dem erwarteten Einnahmeverlusten (z. B. aus der Gewerbe- und Einkommenssteuer) und den Mehrausgaben (z. B. für Personal).

Bonew: „Eine Dimension, vor der mir Angst und Bange wird!“ Denn die Kredite müssen ab 2026 auch wieder getilgt werden. Die Stadt rechnet mit einer jährlichen Rate von 56,7 Mio. Euro – für 15 Jahre! Zusätzlich zu den 50 Mio. Euro, die für bereits vorhandene Schulden (478,2 Mio. Euro) zurück zu zahlen sind. Bonew: „Das muss erstmal erwirtschaftet werden!“

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Da dies weder von Leipzig und auch von anderen Kommunen kaum gestemmt werden kann, appelliert OB Jung eindringlich an Berlin: „Helft uns!“

Mit dem Bundesfinanzministerium spricht man bereits darüber, gestern gab‘s auch eine Videokonferenz mit der Bundeskanzlerin. Jung: „Wir erwarten die Unterstützung vom Bund.“ Leipzig will nämlich weiter investieren – in Schulen, Kitas, Straßen. „So können wir die Wirtschaft wieder ankurbeln“, so der OB.

Ein bisschen gespart wird aber trotzdem: Kurzfristig ist für die Kulturszene (z. B. Gewandhaus, Theater der Jungen Welt) ab Juni Kurzarbeit geplant. Im Rathaus werden 100 von 200 offenen Stellen nicht besetzt.

Und wenn die Krise länger als 2022 dauert? Jung: „Dann müssen wir überlegen: Strecken wir das Straßenprogramm? Was leisten wir uns beim ÖPNV, was beim Sozialen?“ Das klingt nach schweren Verteilungskämpfen. Und dann ist wohl niemand mehr so richtig gerne OB …

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