Die SPD-Kritik an der Türkei wird schärfer: Fraktionschef Mützenich stellte die NATO-Mitgliedschaft des Landes infrage. Ankara müsse überlegen, ob es der Allianz noch angehören wolle, sagte er.

Angesichts der türkischen Militäroffensive hat SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich die NATO-Mitgliedschaft Ankaras infrage gestellt. „Jeder muss für sich selbst prüfen, ob er noch Teil der NATO sein kann und will. Das gilt auch und gerade für die Türkei“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Mitglieder der NATO hätten sich nicht nur verpflichtet, Werte zu teilen, sondern auch das Völkerrecht zu achten. „Die Invasion der türkischen Streitkräfte in Nordsyrien ist keineswegs durch das Selbstverteidigungsrecht gedeckt. Meine Zweifel an der Türkei sind gewachsen – nicht erst seit dem Kauf russischer Luftabwehrraketen.“

Mützenich erklärte, Generalsekretär Jens Stoltenberg müsse bewerten, welche Folgen die Militäroffensive in Nordsyrien für die Rolle der Türkei in der NATO haben werde: „Es kommt eine große Aufgabe auf den Generalsekretär der NATO zu. Er wird sagen müssen, ob er weiter von der Verlässlichkeit der Türkei überzeugt ist.“

Gleichzeitig sprach sich Mützenich für einen vollständigen Rüstungsexportstopp aus. Auch gehöre die Zollunion mit der Türkei auf den Prüfstand.

Dreyer spricht von Sanktionen

Die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer drohte der Türkei mit Wirtschaftssanktionen. „Sollte Ankara nicht einlenken, können Wirtschaftssanktionen der nächste Schritt sein“, sagte Dreyer der Nachrichtenagentur dpa. „Die gesamte Weltgemeinschaft steht in der Verantwortung, die Gewalt in Syrien zu beenden“, so Dreyer.

Gleichzeitig baue die SPD aber auf Diplomatie. Es sei deshalb richtig, dass Außenminister Heiko Maas am Samstag nach Ankara reisen wolle. Dies hatte Maas gestern angekündigt. Dreyer sagte, es gehe darum, der türkischen Regierung deutlich zu machen, dass die Waffen dauerhaft ruhen müssten, beim Umgang mit Flüchtlingen internationales Recht gelte und nur der politische Prozess dauerhaft erfolgreich sein könne. „Der EU-weite Stopp der Waffenlieferungen zeigt, dass sich die Türkei immer weiter isoliert“, sagte Dreyer.

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt hält nichts von Dreyers Idee für Wirtschaftssanktionen. „Erdogan lebt von der Legende, dass er seinem Volk erzählt, Europa, die europäische Union, auch Deutschland seien in Wirklichkeit gegen die Türkei“, sagte Hardt im rbb. Diese Legende diene ihm zum Erhalt seiner Macht. Außerdem beförderten Sanktionen eine Abspaltung der Türkei von Europa und trieben das Land vielleicht sogar in die Arme Russlands. Statt Wirtschaftssanktionen seien klare Worte angesagt, sagte Hardt.

Über dieses Thema berichtete NDR Info am 25. Oktober 2019 um 08:15 Uhr.

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