Die Flure des Bundestages zum Jahresende 2021. Der Abgeordnete Adis Ahmetovic ist auf dem Weg zu einem Kollegen, mit dem ihn mehr verbindet als die Zugehörigkeit zur SPD-Fraktion: zu Matthias Miersch. Ahmetovic ist Hannover geboren, seine Eltern stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien – in den 90er Jahren sollte die Familie aus Deutschland abgeschoben werden, damals begann die gemeinsame Geschichte der Abgeordneten. „Und wir als Familie haben dann gesagt: Es gibt keinen Plan B, wir setzen alles auf eine Karte. Und das haben wir gemacht, indem wir uns juristische Unterstützung geholt haben. Das war am Ende Dr. Matthias Miersch.“ Als der heute 28-jährige Ahmetovic gerade einmal vier Jahre alt war, verhinderte Miersch, damals als Rechtsanwalt, die Abschiebung der Familie zurück auf den Westbalkan, nach Bosnien-Herzegowina. Von Dort waren sie im Krieg 1992 nach Deutschland geflohen. Die Familie konnte bleiben. Nach Jahren dann führte ihr politisches Engagement die beiden zusammen. „2008 gab es einen Neumitgliederabend der SPD in der Region Hannover. Ich bin Parteivorsitzender der SPD in der Region Hannover damals gewesen und habe natürlich die neuen Mitglieder empfangen. Und bei dem Namen Ahmetovic wurde ich sehr hellhörig, weil so häufig ist der Name ja nicht. Und insofern habe ich ihn dann gefragt, ob er mal seine Eltern bitten könnte, zu sagen, ob sie mit meinem Namen etwas anfangen könnten. Und dann hat er zu Hause seine Mutter gefragt und die hat dann natürlich gesagt: Ja, Matthias Miersch kennen wir gut, denn das war damals unser Anwalt, der ermöglicht hat, dass wir hier bleiben können.“ Im vergangenen September dann wurde Adis Ahmetovic in den Bundestag gewählt – eine ganz besondere Bereicherung, findet Matthias Miersch. „Ich glaube, dass natürlich noch mal, wenn man eine solche Geschichte, eine solche Biografie hat, man ganz anders auch gegenüber der Politik, gegenüber anderen Staaten auftritt. Aber auch zum Beispiel gegenüber der Flüchtlingsproblematik, die wir ja nach wie vor weltweit haben. Dass es immer um Schicksale geht, nicht um anonyme Zahlen, sondern immer Menschen, die dahinter sind. Und da hat jemand wie Adis Ahmetovic, sicherlich ganz andere Empathie. Und insofern ist er sicherlich auch ein Gewinn für die Außenpolitik der SPD.“ „Meine Geschichte wird häufig auf Innenpolitik, auf Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik begrenzt. Ich finde, noch interessanter ist ja der Ursprung des Ganzen. Warum sind meine Eltern eigentlich nach Deutschland gekommen? Nicht weil sie gerne in Deutschland leben wollten, an erster Stelle. Sondern weil sie fliehen mussten aufgrund von Krieg. Aufgrund eines Bürgerkrieges, aber auch aufgrund von Nicht-reagieren der Europäischen Union. Und wenn wir uns jetzt, 25 Jahre später, die Geschichte angucken bzw. zurückblicken, befinden wir uns jetzt in einer Zeit, wo im Westbalkan Ähnliches passieren kann wie 1992. Bosnien-Herzegowina steht kurz vor einem neuen Bürgerkrieg.“ Anfang Dezember reiste Ahmetovic gemeinsam mit Michael Roth, nun Ex-Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, im Rahmen einer Friedensmission nach Sarajevo, um dort unter anderem mit dem Präsidentschafts-Vorsitzenden sowie der Außenministerin von Bosnien und Herzegowina zu sprechen. Ein spezieller, wohl persönlich bedeutsamer Auftakt für das Bundestagsmandat von Adis Ahmetovic.

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