An der Nachfolge Theresa Mays scheiterte er, mit Johnson kämpfte er für den Brexit. Ein Porträt Dominic Raabs, der nun in Großbritannien vorübergehend die Regierung führt.

Von Jens-Peter Marquardt, ARD-Studio London

„Ich glaube, dass ich der Kandidat bin, der Optimismus und Wandel verkörpert; die Werte, die das Land jetzt braucht, um uns voranzubringen.“ Mit diesen Worten warb Dominic Raab darum, Premierminister zu werden. Im vergangenen Sommer war das. Da trat er im Wettbewerb der Torys um die Nachfolge von Theresa May an, flog aber in der zweiten Runde raus.

Kompromisslos beim Bruch mit der EU

Danach unterstützte er Boris Johnson, der dann schließlich sowohl in der Tory-Fraktion als auch in der Urwahl durch die konservativen Mitglieder siegte und die May-Nachfolge antrat. Raab und Johnson sind Brüder im Geiste, jedenfalls in der Brexit-Politik. Raab ist vielleicht sogar noch ein bisschen kompromissloser, wenn es um einen klaren, harten Schnitt mit der EU geht.

Raab war der Brexit-Minister in der May-Regierung. Er trat aber schon nach wenigen Monaten zurück – aus Protest gegen das von May akzeptierte Austrittsabkommen, das eine relativ enge Anlehnung an die EU bedeutet hätte.

Rücktritt aus Protest gegen May

Raab wollte nicht akzeptieren, dass Großbritannien in einer Zollunion mit Kontinentaleuropa geblieben wäre und damit kaum Spielraum für eigene Handelsverträge mit Drittländern bekommen hätte. Deshalb der Rücktritt im November 2018, nach Boris Johnson, der damals bereits als Außenminister zurückgetreten war – ebenfalls aus Protest gegen Mays weichen Brexit-Kurs.

Raab sagte damals, er denke nicht, das dieses Abkommen langfristig gut für die Wirtschaft und die Demokratie in Großbritannien sei. Er könne es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, den May-Deal über die Ziellinie zu bringen: „Ich glaube nicht, dass es langfristig politisch und wirtschaftlich gut für das Land ist, diesem Deal zuzustimmen.“

Dominic Raab ist 46 Jahre alt. Sein jüdischer Vater war 1938 nach Großbritannien gekommen, als dessen tschechische Heimat nach dem Münchner Abkommen in Teilen unter die Herrschaft Nazi-Deutschlands geriet.

Karriere als Wirtschaftsanwalt

Der Sohn wurde im anglikanischen Glauben seiner Mutter erzogen, sein Vater starb, als Raab 12 Jahre alt war. Er studierte später Jura in Oxford und Cambridge, war Anwalt für internationales Wirtschaftsrecht, beriet die EU, die Welthandelsorganisation und die Weltbank, für die er auch in den Palästinensergebieten arbeitete.

Vor 20 Jahren trat er dann in den Auswärtigen Dienst Ihrer Majestät ein. Und vor zehn Jahren zog er erstmals ins Unterhaus ein, nachdem er den sicheren Tory-Sitz Esher and Walton in Surrey südlich von London gewonnen hatte.

Gemeinsam mit Johnson gegen die EU

2016 schließlich schloss sich Raab der Kampagne für den Austritt aus der EU an. Er kämpfte damit Seite an Seite mit Boris Johnson, der ihn schließlich im Sommer 2019 zum Außenminister machte. Und nun als „First Secretary of State“ zum Abwesenheitsvertreter.

Raab ist damit also – nach der Einweisung Johnsons ins Krankenhaus – de facto nun erst einmal für unbestimmte Zeit Premierminister. Eine Rolle, auf die er noch etwas überrascht reagierte.

Es gebe einen unglaublich starken Mannschaftsgeist hinter dem Premierminister, der dafür sorge, dass man all seine Pläne umsetzen könne. Und das sei der Weg, um das Land durch die Coronakrise zu bringen, so Raab bei seinem Amtsantritt als Interims-Regierungschef.

 

 

 

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