Nach langer Beziehung trifft sich Jasmin wieder mit Männern – und geht auch mit ihnen ins Bett. Doch die Verbundenheit, die sie daraus empfindet, scheinen die Männer nicht unbedingt zu teilen. Wie kann sie sich selbst vor Enttäuschungen schützen?

Liebe Frau Peirano,

ich (33) war ein Jahr Single, nachdem mein letzter Freund überwiegend sein eigenes Ding gemacht hat und letztlich auch eine offene Beziehung wollte. Jetzt habe ich angefangen, wieder Männer zu treffen, aber ich bin sehr verletzlich und verwundbar, wenn der Mann sich nicht regelmäßig meldet oder sich entzieht.

Mein jüngstes Beispiel: Ich habe Tom kennen gelernt und eine Nacht mit ihm verbracht. Während ich gleich sehr happy war und mich verbunden fühlte, war er kurz danach noch nah, aber dann meldete er sich vier Tage nicht. Ich schlug ein Treffen vor, aber er sagte, er habe gerade viel um die Ohren und sagte, er würde mich gerne bald wieder treffen. Ich fing an, mich zu fragen, warum er an mir kein Interesse hat und ob ich was falsch gemacht habe.

Ich habe schlecht geschlafen und viel geweint.

Eine Woche später hat er mich dann relativ beiläufig angeschrieben und ich habe mich mit ihm auf ein paar Drinks getroffen. Er war ganz nett, aber auch nicht verbindlich. Nach dem Abend brachte er mich nach Hause und ich habe es geschafft, ihn nicht noch zu mir hoch zu bitten. Das war für mich schon ein großer Erfolg. Dann schrieb er mir einen Tag später ganz süß, aber auch irgendwie unverbindlich.

Und ich mache mir Hoffnungen, ihn bald wieder zu sehen, aber bin auch fertig, weil ich befürchte, dass doch nichts richtiges dabei herauskommt. Er ist sehr entspannt und ich scheine ihn nicht so zu interessieren.

Was kann ich machen?

Viele Grüße und danke,

Jasmin T.

Liebe Jasmin T.,

Es hört sich so an, als wenn Sie sehr verletzlich sind, was das Kennenlernen von Männern betrifft. Sie machen sich anscheinend schnell Hoffnungen auf eine Beziehung und sind enttäuscht, wenn Sie stärker interessiert sind als der Mann.

Das ist völlig in Ordnung und viele Menschen, insbesondere viele Frauen, fühlen wie Sie. Was ich aber nicht verstehe ist: Warum machen Sie sich gleich so verwundbar, indem Sie mit einem Mann, den Sie noch nicht kennen und dessen Gefühle für Sie, Absichten und Ernsthaftigkeit Sie noch nicht einschätzen können, in der ersten Nacht ins Bett gehen? Vielleicht können Sie darüber einmal intensiv nachdenken. Ich habe den Eindruck, dass Sie sich hier selbst ein Bein stellen, denn nach dem Sex sehen Sie die Verbindung nicht mehr so locker wie vorher und haben Erwartungen.

Außerdem frage ich mich, ob Sie sich auch damit beschäftigen, was SIE von dem Mann wollen und wie gut er IHNEN gefällt. Ich habe nämlich den Eindruck, dass Ihr Hauptaugenmerk darauf liegt, ob SIE dem Mann gefallen und ob Sie es schaffen, ihn an sich zu binden. Als wäre es eine Art Test, der zeigt, ob Sie liebenswert sind oder nicht.

Ist es nicht eigentlich wichtiger, dass Sie einen Mann richtig kennen lernen, um zu klären, ob Sie beide gut genug zusammen passen?

Und daraus entsteht eine zentrale Frage: Können Sie Männern eigentlich auch Nein sagen und von sich aus den Kontakt begrenzen, wenn es Ihnen nicht passt? Oder sind Sie die ganze Zeit darauf konzentriert, ihm zu gefallen und ihm zu beweisen, wie liebenswert Sie sind?

Ich würde eine Übung vorschlagen: Üben Sie doch einmal, Nein zu sagen. Gehen Sie mit allen Männern, die Sie interessant finden, unverbindlich etwas trinken und beenden Sie den Kontakt, wenn Sie kein tiefergehendes Interesse haben. Oder wenn Sie, wie hier, zwar irgendein Interesse haben, aber schon zu verwundbar sind, während der Mann entspannt und unverbindlich ist und damit am längeren Hebel sitzt.

Wie wäre es, wenn Sie ein paar Monate lang wirklich üben, Kontakte zu beenden, wenn es Ihnen nicht passt? Nur wenn man NEIN sagen kann, kann man nämlich auch wirklich JA sagen. Man ist unabhängiger und fühlt sich damit stärker.

Sie könnten vielleicht gleich mit Tom anfangen und sich aus dieser quälenden Situation befreien, in der er Sie vielleicht wieder treffen möchte, wenn er mal Zeit und Lust hat. Und solange er sich nicht meldet, warten Sie nervös auf ein Wiedersehen. Das ist toxisch, und es wäre gesünder, es gleich von sich aus zu beenden, anstatt zu warten, dass Tom Sie fallen lässt. Vielleicht können Sie Tom eine kurze SMS schreiben, in der Sie seinen beiläufigen, unverbindlichen Ton spiegeln und deutlich machen, dass Sie ihn nicht wiedersehen wollen. Am besten ohne Grund, denn er hat Ihnen ja auch nicht seine Gefühle offen gelegt.

Wenn Sie häufiger Nein gesagt und sich vor für Sie quälenden Begegnungen geschützt haben, können Sie als nächsten Schritt mal darüber nachdenken, wie ein Mann sein und sich verhalten müsste, mit dem Sie sich wohl fühlen. Es klingt so, als wenn Ihnen Zuverlässigkeit und Offenheit wichtig ist.

Ich hoffe, dass Sie lernen, sich besser zu schützen und bald andere Beziehungserfahrungen machen.

Herzliche Grüße,

Julia Peirano

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