Mitten im Machtkampf in Weißrussland hat Staatschef Alexander Lukaschenko die Westgrenze zu den EU-Ländern Litauen und Polen geschlossen. Das sagte er am Donnerstagabend der Staatsagentur Belta zufolge in Minsk. Zudem sei der Grenzschutz in Richtung Ukraine verstärkt worden. „Wir sind gezwungen, Truppen von den Straßen abzuziehen, die Armee in Alarmbereitschaft zu versetzen und die Staatsgrenzen nach Westen zu schließen, hauptsächlich die nach Litauen und Polen“, meinte der 66-Jährige.
An der südlichen Staatsgrenze hängen derzeit Hunderte ultraorthodoxe jüdische Pilger fest, die wegen eines in Kiew verhängten Einreisestopps nicht in die Ukraine einreisen dürfen. Sie wollten am jüdischen Neujahrsfest zum Grab des Rabbi Nachman pilgern.
Zu den Menschen in den drei Nachbarländern sagte der weißrussische Präsident bei einem Frauenforum: „Stoppt eure verstandslosen Politiker, lasst sie keinen Krieg entfesseln.“ Er wolle nicht, dass sich sein Land im Krieg befinde. „Ich möchte auch nicht, dass Weißrussland und eben jenes Polen, Litauen sich in einen Schauplatz von Kriegshandlungen verwandeln, auf dem nicht unsere Probleme gelöst werden“, sagte er.
In Litauen und der Ukraine werden derzeit Militärmanöver mit Nato-Truppen abgehalten. Parallel dazu trainiert die weißrussische Armee mit russischen Streitkräften im Westen von Weißrussland an der EU-Grenze. Dieses Manöver wird Lukaschenko zufolge nun verlängert. Angesichts der aktuellen Situation werde es eine zweite Phase geben. Ursprünglich sollte die Übung Freitag nächster Woche beendet sein.
Die Grenzschließung dürfte auch die Opposition in Weißrussland treffen. Namhafte Oppositionelle wie Swetlana Tichanowskaja halten sich in den westlichen Nachbarländern auf. Bei geschlossener Grenze dürfte eine Rückkehr nicht ohne Weiteres möglich.
Seit der Präsidentenwahl in Weißrussland am 9. August kommt es jeden Tag zu Protesten. Lukaschenko ließ sich 80,1 Prozent der Stimmen zusprechen und will nun eine sechste Amtszeit antreten. Die Sicherheitskräfte gehen hart gegen Demonstranten vor. Lukaschenko meinte vor den Frauen in Minsk: „Wissen Sie, ich bin kein Angreifer, ich bin ein sehr friedlicher Mensch. Ich bin im Dorf aufgewachsen, wo jeder den anderen verteidigte.“
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